Schatten der Vergangenheit, Teil 2


 





Teil 2: „Achterbahn der Gefühle“
Hermines Herz schlug schneller, als sie sich den Gleisen 9 und 10 näherten.
Für einen Moment erinnerte sie sich zurück, als sie das erste Mal diese Wand durchschritten hatte, um aufs Gleis 9 ¾ zu kommen.
Sie blickte sich kurz um und sah, dass Hugo sie und Ron mit großen Augen anstarrte, während Rose nervös an ihren Haaren herumzupfte.
Hermine schritt auf ihre Tochter zu, kniete sich nieder und streichelte ihr zärtlich über die Wange. „Du musst keine Angst haben. Glaub mir, es wird Dir gefallen.“
Rose schüttelte heftig den Kopf. „Das ist es nicht, Mommy. Ich freu mich auf Hogwarts, es ist nur…“ doch ihr kleiner Bruder war bereits herbei geeilt und sprach das aus, was Rose auch durch den Kopf ging – nur eben auf seine Art und Weise.
„Seid ihr bescheuert? Ich geh da nicht durch. Da ist ja nicht mal ne Tür!“
Ron kam lachend auf die drei zu und versuchte - ebenfalls auf seine Art und Weise - seine Kinder zu beruhigen. „Ihr seid Zauberer, schon vergessen? Die Wand ist nicht so wirklich ne Wand.
Es ist mehr wie eine unsichtbare Tür und die öffnet sich garantiert.
Hat sie bisher immer; seit Jahrhunderten…“ Ron überlegte kurz „…Na ja, bis auf einmal. Da sind Harry und Ich echt übel dagegen gerannt und das auch nur, wegen dem blöden Hauself der Malfoys.
Ich hatte danach 3 Wochen lang blaue Flecken und musste das Auto meines Vaters stehlen, damit wir…“
“Ronald Weasley!“ Hermine starrte ihren Ehemann böse an und blickte dann sorgevoll zu ihren Kindern, denen nun nicht nur die Angst in den Augen gestanden schrieb, sondern deren Münder auch noch weit offen standen.
„Hört zu, das war eine Ausnahme und auch nur, weil… Onkel Harry hat euch doch die Geschichte erzählt, nicht wahr? SEINE Geschichte?“
Hugo und Rose nickten.
„Damals ging es nur nicht, weil der Hauself der Malfoys…“
Hermines Gedanken drifteten ab.
Schon den ganzen verdammten Tag spukte ihr dieser blöde Name im Kopf rum.
Es schien als würde Draco sie verfolgen.
So sehr sie auch versuchte, nicht dran zu denken, er war ständig präsent.
Ständig.
Hermine ärgerte sich maßlos und schalt sich dann selbst, die Gedanken abzuschütteln.
„…Also Dobby, der Hauself der Malfoys…“ diesmal unterbrach sie Hugo. „Was ist ein Hauself? Wozu sind die da und wieso haben wir keinen?“
Hermine starrte ihren Sohn an.
Ron starrte Hermine an und beschloss schließlich einzulenken, bevor seine Frau ausschweifen würde und er sich noch mal anhören musste, weshalb es gut war, ein Mitglied von B.ELFE.R zu sein.
„Zauberer haben für gewöhnlich Hauselfen, die alles für sie machen, aber nicht wir und wir haben nun auch keine Zeit mehr. Der Zug fährt bald ab.
Harry und eure Tante Ginny warten schon auf uns. Also können wir dann los?“
Hermine sah ihrem Sohn an, dass diese Antwort mehr als unbefriedigend für ihn war, doch sie war dankbar, dass Ron nicht wieder einen seiner Oscarreifen „Ich trete ins Fettnäpfchen“ - Reden hielt und nickte ihm dankbar zu.
„Können wir?“ fragte sie, nahm Rose an die linke, Hugo an die rechte Hand und lief los.
„WOW, das war abgefahren!“ Hugo drehte sich um und bestaunte die Wand, durch die sie eben gegangen waren, mit großen Augen.
Ron grinste.
Ja, das kam so ziemlich an das Gefühl ran, dass er gehabt hatte, als er das erste Mal hier durch gelaufen war und wenn er sich recht erinnerte, war genau das sein Wortlaut gewesen.
Ron fasste seinen Sohn an der Schulter und wies ihm den Weg „Lass uns Harry suchen!“
Hermine sah sich um.
Es war so lange her, seit sie das letzte Mal hier gewesen war, aber es sah noch genauso aus wie damals.
Der Bahnsteig, der Zug. All die Kinder die mit ihren Eltern hier versammelt waren und darauf warteten, dass es endlich los ging oder auch Angst hatten, vor dem Unbekannten, was sie nun erwarten würde.
Dann erinnerte sie sich erneut an ihre erste Fahrt, an die erste Begegnung mit Ron und Harry, ihre Jahre in Hogwarts, Draco…
´Verdammt ´ Draco, Draco, Draco… wieso drehte sich alles um ihn?
Egal, welche Erinnerungen in ihr hochstiegen, jedes Mal war Draco so gut wie der erste Gedanke und sie konnte ihn einfach nicht abschütteln.
Wie ein Parasit hatte er sich in ihrem Gehirn festgesaugt und wollte einfach nicht mehr los lassen.
„Hermine!!!“ eine vertraute weibliche Stimme, riss sie aus ihrer Gedankenwelt.
Erstaunt stellte die blondhaarige fest, dass sich Rose mittlerweile selbstständig gemacht hatte und nun munter mit ihren Cousins und ihrem Bruder über den Bahnsteig tobte, während Ginny, strahlend neben Harry stand und ihr fröhlich zuwinkte.
Hermine erwiderte diese Geste und gesellte sich dann ebenfalls zu ihnen.
Es war einige Zeit her, seit sich die Potters und Weasleys getroffen hatten und Hermine hätte Ginny auch viel zu erzählen gehabt, aber ihre Gedanken schweiften immer wieder ab und je näher die Abfahrt nach Hogwarts rückte, umso heftiger wurde ihr Drang einfach am Bahnsteig umher zu rennen und nach Draco zu suchen.
Hermines Gefühle überschlugen sich und fuhren Achterbahn.
Immer wieder versuchte sie, das warum und weshalb zu ergründen.
Warum ausgerechnet heute?
Wieso Draco und was verdammt noch mal stimmte in ihrer Ehe nicht, dass es überhaupt passierte?
Sie versuchte sich zusammenzureißen.
Mehr als einmal ertappte sie Harry dabei, wie er sie fragend beobachtete.
Aber so sehr sie es versuchte, es gelang ihr nicht, an etwas anderes zu denken und sich auf das Gespräch der anderen zu konzentrieren.
„ Schau wer da ist. Das ist also der kleine Scorpius!“
Hermine erstarrte.
Irgendetwas in Rons Stimmlage klang zynisch, spottend; als hätte er sie auf frischer Tat ertappt, in ihrer geistigen Untreue.
´Komm mal wieder auf den Teppich, Weasley!´ schalt sich Hermine selbst, da sie fürchtete, sie würde dem Wahnsinn verfallen, würde sie ihren Spinnereien weiter Nahrung geben.
Sie atmete tief durch, schloss kurz die Augen und ermahnte sich abermals selbst, dass das alles gar nichts zu sagen hatte; sie eine erwachsene, verheiratete Frau sei und sie besser aufhöre mit ihrem pubertären Getue.
 Hermine atmete abermals durch, öffnete die Augen und sah erhobenen Hauptes und mit festem Blick geradeaus, sowie es auch - wie sie in dem Moment feststellte- Harry, Ginny, Ron und die Kinder taten.



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