Sam Winchester´s Home for Christmas, Teil 3


 





Sam´s Gesicht war kreidebleich, als er sich umdrehte und geradewegs in die Augen von Bobby Singer starrte.
„Du bist tot!“, stammelt er tonlos. Doch Bobby grinste nur.
Plätzchenduft stieg Sam in die Nase und als er sich umblickte, erkannte er, dass er sich in seinem Elternhaus in Lawrence befand.
Mary, seine Mutter, stand am Herd und zog soeben ein Blech voller frisch gebackener Plätzchen aus dem Ofen, während sein Vater gerade anfing, den Baum zu schmücken.
Baby´s 1st Christmas stand auf einer der Kugeln, die John Winchester in seiner Hand hielt. Er lächelte und wandte dann seinen Blick.
Etwas von ihm entfernt stand eine Babywiege.
Klein-Sam lag strampelnd darin und hielt quietschend ein Stoff-Rentier in die Höhe.
„Merry Christmas, Sammy!“, hauchte John zärtlich und widmete sich dann wieder der Dekoration.
Kurze Zeit später wurde die harmonische Idylle von lautem Stapfen durchbrochen.
Ein etwas älterer Junge trampelte lautstark - in ihm viel zu großen Stiefeln - die Treppe hinunter.
Er hatte sich einen rot-weißen Mantel umgehängt und auf seinem Kopf thronte ein riesiges Elchgeweih.
„Dean, zieh sofort die Stiefel deines Vaters aus und hör auf so ein Krach zu machen“, mahnte ihn Mary und unterdrückte ein lautes Auflachen, als sie ihren Ältesten in seiner Kostümierung sah.
Dean verdrehte die Augen und setzte sich auf die unterste Stufe, um den Befehl seiner Mutter Folge zu leisten.
Mühsam hob er das Schuhwerk an und schleppte die Stiefel dann zur Eingangstür.
„Was hast Du vor, Buddy?“, fragte nun John, ebenfalls belustigt.
„Stiefel rausstellen, für Sam und mich“, antwortete Dean und bedachte seinen Vater mit einem Blick, der sagte ‚ist doch selbstverständlich; was denkst Du denn?’
Das Ehepaar sah sich lächelnd an und widmete sich dann wieder ihrer jeweiligen Aufgabe.
Dean fischte währenddessen ein kleines Päckchen aus seinem Mantel, lief zum Bettchen seines Bruders und drückte es ihm in seine kleinen Hände.
„Merry Christmas, Sammy“ flüsterte er ihm zu und drückte ihm vorsichtig einen zarten Kuss auf die Stirn.

Der erwachsene Sam stand noch immer neben Bobby und beobachtete fasziniert die Geschehnisse aus der Vergangenheit.
Unbewusst strich er sich über die Stirn und ein wohliges Gefühl machte sich in ihm breit.
Plötzlich fiel ihm das Päckchen wieder ein, das Dean ihm einige Stunden zuvor gegeben hatte und wühlte in seinem Parka danach.
Als könne er hindurch sehen - sehen was sich darin befand - wendete er es immer und immer wieder in den Fingern und strich vorsichtig darüber.

Seine Familie hatte sich mittlerweile am Esstisch versammelt.
Mary deckte den Tisch, während John sich daran machte, den Braten zu tranchieren
Klein-Sammy jauchzte vergnügt in seiner Wiege und zog strahlend an dem Geschenkband, um es gleich darauf freudig in den Mund zu stecken.
„Was ist da drin?“, fragte seine Mutter, die sich neben ihren Sohn gesetzt hatte und ihm eine große Portion Kartoffelpüree auf den Teller lud.
„Dad´s Impala“, war Deans knappe Antwort.
Mary zog die Augenbrauen nach oben. „Du verschenkst Dad´s Wagen?“
Doch der Kleine schüttelte energisch den Kopf.
„Nee! Dad´s Wagen gehört irgendwann mir und ich schenke Sam den gleichen. Dann können wir zusammen rum fahren“, lässig zuckte er mit seinen Achseln "…solange muss ihm der genügen!"
John Winchester lachte laut auf und verteilte das Fleisch auf die Teller. „Wer sagt Dir denn, dass DU meinen Wagen bekommst, Dean Winchester?“
„Na, ich bin doch der Ältere und hab früher ´nen Führerschein als Sammy.“
„Natürlich! Wie konnte ich nur fragen?!“, antwortete John gespielt theatralisch und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.

Es war der nächste Morgen und Dean saß verschlafen vor dem Weihnachtsbaum und sang zusammen mit seinen Eltern, während er mit leuchtenden Augen seine Geschenke ansah und Klein-Sammy fröhlich den Mini Impala in den Mund stopfte, um ihn - mal wieder - ordentlich vollzusabbern
Dean öffnete seine Geschenke, bedankte sich bei seinen Eltern mit einer herzlichen Umarmung, einem liebevollen Kuss und sah sie dann ernst an.
"Wenn ich groß bin, werde ich für Sam genauso ein Weihnachtsfest machen!"
John runzelte die Stirn. "Willst Du denn Weihnachten nicht immer bei uns verbringen?" Doch Dean bedachte seinen Vater nur wieder mit diesem neunmalklugen Gesichtsausdruck und erwiderte: "Daaaad! Irgendwann werd ich verheiratet sein und ne eigene Familie haben! Aber wir besuchen euch an den Feiertagen."

Das Lachen der drei Winchesters hallte noch immer in Sam´s Ohren, als er ein letztes Mal mitgezogen wurde und sich erneut in Dean´s Appartement wieder fand.
In Sam´s Kopf rotierte es.
All die eben gesehenen Ereignisse hämmerten sich in seinen Verstand.
Er fühlte sich leer und gleichzeitig beklommen.
Nervös langte er in das Innere seiner Jackentasche, zog die letzte Flasche Whiskey heraus und schraubte sie auf.
Der Geruch des Hochprozentigen stieg ihm sofort in die Nase und Übelkeit machte sich in ihm breit. Sam übergab sich zum 2. Mal an diesem Tag vor seine Füße und brach anschließend weinend zusammen.

Hände strichen ihm liebevoll durchs Haar. Als sich Sam besann, sah er sich erschrocken um.
Mary Winchester, kaum einen Tag älter als zum Zeitpunkt ihres Todes vor 32 Jahren, stand neben ihrem Sohn und sah ihn sorgevoll an.
"Du auch noch, huh?"
Mary lächelte, nahm Sam an der Hand und zog ihn mit sich, was dieser widerstandslos geschehen ließ.
Sekunden später fand sich Sam in einer Garage wieder.
Der schwarze 67er Impala sagte ihm, dass es sich um Dean´s Garage handeln musste - und er behielt Recht.
Der Brünette schwang sich soeben glücklich strahlend aus dem Fahrzeug und fing an, es von allen Seiten zu begutachten.
Sam schnaubte verächtlich und starrte dann seine Mutter an.
"Das hilft aber ungemein, mich zu besänftigen. Klasse Idee von euch Weihnachtsgeistern!"
Mary lächelte erneut. "Weißt Du, Sam, ich habe mich oft gefragt, warum ausgerechnet Du so gegen Deinen Vater rebelliert hast. Aber heute verstehe ich es..."
Sam zog eine Augenbraue fragend nach oben und wartete auf die Erklärung.
"… Du bist ihm ähnlicher, als es Dean je war. Als ich John kennen lernte, war er wie Du - damals als Dean Dich in Palo Alto aufgesucht hat: naiv, liebevoll, hilfsbereit, sensibel... und als er seinen Vater verlor, hat er sich kurze Zeit gehen lassen; da war er an genau demselben Punkt wie Du jetzt...."
"Was hat ihn davon abgehalten abzurutschen? Ich mein, Jessica hat mir gezeigt, was mit mir passieren wird. Heißt das, ich bin nicht stark genug?"
Mary streichelte Sam über den Oberarm "Nein, Sam. Es gibt nur eine kleine Sache, die das bewirken kann; und wären wir nicht sicher gewesen, dass es bei Dir genauso wirkt, wie einst bei John, hätten wir das alles nicht veranstaltet."
Sam blickte seine "Mutter" fragend an.
Das ergab alles keinen Sinn. Sollte in all diesen Erlebnissen eine Message versteckt gewesen sein, dann verstand er sie nicht im Geringsten.
"Liebe, Sam. Liebe ist der Schlüssel zu dem Ganzen."
"Liebe", wiederholte Sam die Worte fragend.
Jetzt war es selbst dem sanftmütigen Mary-Geist zuviel.
Entnervt verdrehte sie die Augen und gab Sam einen leichten, aber bestimmten Klaps auf den Hinterkopf.
"Ist dir Idiot nicht aufgefallen, wie sehr Dein Bruder Dich liebt? Denk doch mal nach - egal in welcher Zeit Du Dich wieder gefunden hast, Dean war da..."
Sam hatte einen dicken Kloß im Hals. Gänsehaut machte sich auf seinem Körper breit und er spürte wie Tränen heiß in seinen Augen aufstiegen.
Er wollte sich keine Blöße geben. Weiter markierte er deshalb den Coolen und sah seine Mutter herausfordernd an.
"Und weil Klein-Dean mich so sehr liebt, beschenkt er sich zu Weihnachten selbst, huh?"
"Du bist wirklich ein hirnloser Idiot, Samuel Winchester!" Mary war über sich selbst erschrocken und so erstaunte sie auch Sam´s Gesichtsausdruck nicht, der sie entgeistert anstarrte. Aber sie hatte zumindest etwas erreicht: Sam war augenblicklich still.
"Tief in deinem Herzen weißt Du es besser. Folge Deinem Instinkt, Sammy. Mehr kann ich nicht für Dich tun!"
Kalte Lippen berührten Sam´s Wange und gleich darauf war Mary Winchester verschwunden.

"Silent Night. Holy Night. All is calm, all is bright..." 
Der Gesang von Dean, Jo und Ellen erklang bis in den langen Flur.
Ein Mann im Santa Kostüm stapfte ihn entlang. Schwerbeladen mit einem großen Sack voller Geschenke.
Vor Dean´s Appartement machte er halt und klopfte 3-mal fest an.
Augenblicklich verstummte der Gesang und leise Schritte waren zu hören.
Dean öffnete vorsichtig die Tür. Seine grünen Augen weiteten sich vor Überraschung, als er den weißbärtigen Mann davor stehen sah.
"Ho ho ho", gab "Santa" von sich und kurz darauf ertönte weibliches Gekicher.
Dean schien etwas verwirrt, doch als sein persönlicher Weihnachtsmann zu sprechen begann, dämmerte es auch ihm.
"Dean Winchester?"
"Ja das bin ich", antwortete der angesprochene artig.
"Ich habe gehört, Du warst dieses Jahr ein braver Junge. So lass mich ein und ich werde Dich reich beschenken!"
Jetzt konnte auch Dean kaum noch an sich halten.
Das Bild, das sich ihm bot, amüsierte ihn zu sehr und die Unmenge an Weihnachtspunsch, die er intus hatte, tat sein Übriges.
"Lass den Mist, Dude!", sagte Dean laut prustend und zog seinen Bruder mit sich.
Ellen und Jo kamen nun auch nach vorne und umarmten den Jüngeren überschwänglich.
Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen, stellte Sam seinen Sack ab und nahm die Strophe des Weihnachtslieds da auf, wo er sie unterbrochen hatte.
Ellen stimmte kurz darauf mit ein - ebenso Jo.
Als er nach einer Weile Dean´s Stimme immer noch nicht vernahm, drehte sich Sam zu ihm um und sah das feuchte Glitzern in dessen Augen.
Sam lächelte gerührt, fasste in seine Jackentasche und zog gleich darauf eine kleine silberne Kugel heraus.
"Baby´s 1st Christmas" stand darauf und Dean war sofort klar, was sein Bruder ihm damit symbolisieren wollte - auch wenn er es nicht verstand. Sam war noch ein Baby gewesen, also wie konnte er sich an sein 1.Weihnachtsfest erinnern und woher hatte er diese Kugel, die doch mit Sicherheit in dem Flammenmeer in ihrem Haus in Lawrence zerstört worden sein musste, wie all ihre anderen Kindheitserinnerungen?
Dean wusste aber, dass es eben diese Weihnachtskugel war. Denn unterhalb dieses Schriftzuges hatte er nach Heilig Abend mit einer kleinen, dünnen Nadel "Sammy" eingraviert und Dean erkannte seine kindliche Handschrift.
"Merry Christmas, Dean."
Dean umarmte seinen Bruder liebevoll und ließ nun endlich seine Tränen zu. Er ließ ihnen hemmungslos freien Lauf.
"Merry Christmas, Sammy!"
 




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