Love me for a Season, Teil 1


 





Schon zu viele Frösche hatte ich geküsst, doch nie hatte sich einer in einen Prinz verwandelt.
Diesmal war ich mir sicher, dass mein vermeintlicher Prinz sogar das Potential zum König hatte - mit dem kleinen Manko: ich würde nie seine Königin sein.
Konnte ich damit leben? Ich bildete es mir zumindest ein.




„Rückblicke“ 

Mein Leben war schon immer chaotisch gewesen, aber das, was mir die letzten 2 Jahre passiert war, wurde sogar noch damit schön geredet, wenn ich es als „Hölle auf Erden“ betitelte.


 Es war Ende Juni, ich war hundemüde vom Packen, aber zum ausruhen war keine Zeit und außerdem war dieser Tag viel zu schön und aufregend, als dass ich auch nur eine Sekunde davon hätte missen wollen.

Wir zogen um. Endlich.

Nach 2 endlos langen Jahren, die mir wie eine Ewigkeit erschienen waren, würden wir endlich wieder Ruhe in unser Leben bringen; und es war der perfekte Neustart für unsere Beziehung.
Seit 8 Jahren waren wir nun zusammen. 8 Jahre Freude und Tränen, aber so sehr unsere Beziehung auch gelitten, so sehr sich mein Liebster auch verändert hatte - seit der Geburt unseres 2. Kindes und vor allem nach dem Umzug hierher - in diesen schrecklichen Ort, mit diesen grausamen, Kinder hassenden Menschen - ich liebte ihn von ganzem Herzen und wollte unserer Liebe noch eine Chance geben.
 Es würde klappen, da war ich mir sicher.

Als es an der Tür klingelte, sprang ich freudig auf. „Endlich!“ seufzte ich erleichtert und konnte es kaum abwarten, bis all meine Sachen vollständig im Umzugswagen verstaut waren.

 

Nach einem schier endlos langen Tag, wahnsinnig viel Kindergeheule und einer Mutter, die ihre Enkel zwar über alles liebte, aber fast einen Nervenzusammenbruch erlitt, da mein Jüngster mal wieder mit aller Gewalt seine schlechte Seite, die er bedauerlicherweise von mir geerbt hatte, zum Besten gab, kamen wir in unserem neuen Leben an.

Ich erinnere mich noch heute sehr gut an meine ersten Eindrücke.
1. Dieser Ort war scheisse weit weg von meiner Mom, von jeglicher Zivilisation oder etwas, das selbiger ähnelte
2. Es war einfach alles grün. Egal wohin ich sah, es war grün - Bäume, Wiesen, Felder… und
3. ICH LIEBTE ES!!

Die Wohnung in der wir uns einquartiert hatten, war nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Sie war wunderschön, gar keine Frage, aber da sie direkt unterm Dach lag, fühlten wir uns wie in der Sauna und dazu kam noch, dass dieses Kabuff ziemliche Mängel hatte.
Gott sei Dank sollten wir hier nur etwa 3 Wochen bleiben. Das war zumindest die Aussage meines Vermieters gewesen. Also würde ich diese Zeit schon irgendwie überbrücken.
Es war mein neues Zuhause, wir hatten Ruhe, meine Kinder waren glücklich und ausgelassen - also störten mich diese Mängel kein bisschen und den kleinen Job, den wir von unserem Vermieter bekommen hatten, machte das Ganze doch gleich noch etwas perfekter.

Die nächsten Tage richteten wir uns provisorisch ein, lernten unsere handvoll Nachbarn kennen, die wahnsinnig nett waren und von denen ich total begeistert war - besonders da ein Pärchen aus England stammte und ich Großbritannien so sehr liebe.
Die Sonne schien täglich, die Aussicht aus meinem Fenster war himmlisch; das Einzige, was meine Laune etwas trübte, waren die allabendlichen Albträume.
Nacht für Nacht wälzte ich mich im Schlaf hin und her und träumte von diesen schrecklichen 2 Jahren.
Jeden Morgen wachte ich schweißgebadet auf, sprang ans Fenster, um mich zu vergewissern, dass ich in meinem Heißgeliebten, wunderschönen neuen Zuhause war.
Und Gott sei Dank stellte ich jedes Mal fest, dass dem wirklich so war.
Ich hoffte so sehr, dass diese Albträume bald ein Ende nehmen würden. Mussten.
Ich würde hier sonst wahnsinnig werden und das durfte ich nicht zulassen.
Diese Tyrannen würden mir nicht mein ganzes Leben versauen, das schwor ich auf meine geliebten Kinder.
 Zu perfekt war meine neue Zukunft und auch mit meinem Liebling ging es langsam wieder voran.

Da wir noch einige Zeit auf unseren neuen Telefonanschluss warten mussten, blieben nur wir zwei, die Kinder, jede Menge Natur, abends der Fernseher und das war gut so.
Soviel, wie in dieser Anfangszeit, hatten wir schon lang nicht mehr geredet und ich fühlte mich endlich wieder beachtet und geliebt.
Ich blühte so richtig auf und das konnte auch der unerwartete Besuch seiner, von mir so sehr gehassten Schwester, nicht vermiesen. Ganz im Gegenteil: ich freute mich sogar, diese Person zu sehen und empfing sie herzlich.
Als Miranda mir dann noch verkündete, dass sie am Geburtstag ihres Sohnes Jeremy in einen Freizeitpark fahren wollten und dass wir dazu herzlich eingeladen seien, stimmte ich sofort zu.
Dieser Ort tat mir so gut. Ich blühte auf und erkannte mich selbst nicht mehr wieder.
Im Allgemeinen merkte ich, dass ich mich zum Positiven veränderte und Spaß an Dingen hatte, die ich selbst nie für möglich gehalten hätte.
Ja, ich freute mich wahnsinnig auf diesen Tag und konnte es kaum erwarten, bis wir zu acht losfuhren, um jede Menge Spaß mit unseren Kindern zu haben.

Etwa 2 Wochen nach unserem Umzug erhielt ich unsere erste Post, ich war so unsagbar glücklich endlich einen Brief meiner geliebten und allerbesten Freundin zu erhalten, die ich so sehr vermisste. Besonders unsere allsamstäglichen Chatabende hingen mir nach.
Ich vermisste das Internet nicht wirklich. Zu wunderschön und traumhaft war alles, aber so ein bisschen „Technik, Fortschritt und normales Leben“ fehlte mir doch.
Meine Briefe Schreiberei artete mal wieder komplett aus; und erhielt meine Freundin anfangs „nur“ 16 Seiten, so waren es einige Tage später gleich 31!
Ich brauchte mein Netz und mein Skype zurück, unbedingt. Annie würde mir sonst noch geradewegs die Freundschaft kündigen, aufgrund von Dauergeschwollenen Fingern, die das Beantworten meiner Briefe verursachte, da war ich mir sicher.
 

Endlich war der Tag gekommen, auf den ich mich so sehr gefreut hatte.
Der Tag vor dem Tag, der alles änderte, aber das wusste ich ja damals noch nicht und selbst wenn, ich denke, ich hätte nichts anders gemacht.
Schon 2 Tage vorher hatte ich eingekauft wie verrückt und nun standen wir also komplett überladen vor unserem Auto und zweifelten daran, dass wir das alles unterkriegen würden.
Klar wären wir den ganzen Tag unterwegs, aber das war dann doch zuviel des Guten, schließlich musste auch noch der Kinderwagen meines Jüngsten mit.
Der Kleine jammerte vor sich hin wegen der Hitze, die schon am Morgen herrschte.
 Meine Große quengelte, weil sie endlich los wollte, um ihrem geliebten Cousin Jeremy zum Geburtstag zu gratulieren und mein Liebster grummelte am Kofferraum - drückte, quetschte, schob was das Zeug hielt und verfluchte mich wahrscheinlich schon gedanklich, für meine übertriebene Vorsorge.

 

Bereits um halb neun in der Früh, standen wir am verabredeten Treffpunkt und machten uns auf in den perfektesten Tag, den wir beide als Paar und meine Kinder je in ihrem Leben erlebt hatten.
Noch nie hatte ich meine Kinder dermaßen ausgelassen und glücklich gesehen; wir Erwachsenen hatten auch wahnsinnig viel Spaß und ich fühlte mich so richtig gut.
 An diesem Abend spürte ich unendliche Liebe für meinen Simon. Schon lange hatte ich diese Gefühle für ihn nicht mehr gehabt und gab mich meiner Leidenschaft hin.

Ich hätte mir gewünscht, dass diese Nacht nie vergehen würde…




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