Groupie Girl, Teil 9



Teil 9: Offenbarungen 

Lukas war zwischenzeitlich zu seiner Frau geeilt, so dass Tom und ich einige Minuten allein hatten.

„Sag mal, was ist denn los? Du hast meine Nachrichten zwar gelesen, aber gar nicht drauf geantwortet.“

Ich senkte beschämt den Kopf.

„Es tut mir leid, Tom. Aber irgendwie hatte ich totales Gefühlschaos.

Ich musste mich erstmal wieder in den Griff kriegen.“

Tom blieb stehen und fasste mich an den Schultern. „Kai ist heute ebenfalls da… Ich hatte das Gefühl, ihr versteht euch recht gut. 

Vielleicht kann er Dir `ne bessere moralische Stütze sein als ich.“ 

Ich schluckte hart.

Das war ja herrlich! 

Jetzt musste ich nicht nur Basti beim Turteln zusehen, nein,

ich musste auch noch Kai unter die Augen treten, wahrscheinlich ebenfalls turtelnd mit seiner Frau. 

Ich hatte mich noch nie zuvor im Leben so elend gefühlt.

„Michelle?“ Tom sah mich besorgt an.

Ich schaute zaghaft zurück.

„Tom, ich kann das nicht.“ Heiße Tränen stiegen in mir auf.

„Willst Du mir was erzählen?“

Nun konnte ich nicht mehr an mich halten und ließ meinen Tränen freien Lauf. „Tom, ich hab was Schreckliches getan!“

Der bärtige Sänger schaute sich kurz um „Komm mit“.

Er nahm mich bei der Hand und verschwand mit mir ins Theatergebäude.

Da sowohl das Konzert als auch das Theaterstück openair aufgeführt wurde, hatten wir das komplette Gebäude für uns.

Tom suchte uns eine ruhige Ecke, holte 2 Flaschen Wasser und reichte mir eine, ehe er sich neben mich setzte.

Nachdem ich mich wieder halbwegs gefangen hatte, erzählte ich ihm alles.

 

Tom sah mich mit großen Augen an, schluckte und lachte dann laut auf.

Ich war leicht verstört und sah ihn verwirrt an.

„Entschuldige bitte, aber das erklärt ja nun mal alles.

Was willst Du nun tun?“

„Sterben“, war meine knappe, aber ehrliche Antwort.

„Ach Quatsch.“ Väterlich nahm er mich in den Arm und streichelte meinen Rücken.

„Mich, glaub mir, die zwei reden nur gut von Dir. Kai redet von gar nichts anderem mehr und jetzt weiß ich auch wieso.“

„Aber Kai ist verheiratet und Basti ist ebenfalls liiert.

Ich bin ein schrecklicher Mensch, eine Ehebrecherin.“

Tom rutschte ein Stück zur Seite, um mich besser ansehen zu können. „Hey, die beiden sind fremd gegangen, nicht Du und wenn Du wissen willst, wie es weitergeht – ich weiß, was Du für Basti empfindest – dann musst Du mit ihnen bzw. Basti reden.“

Ich schluchzte und zog ein Taschentuch aus meiner Handtasche.

„Ja, aber nicht heute. Ich geh mich kurz frisch machen.“ 

Ich packte meine Tasche und verschwand in die Toilette, um mich nachzuschminken.

 

 

Als ich gerade fertig war, kam Mia, Bastis Freundin, in die Toilette.

Sie und ihre Freundinnen waren mit Tratsch beschäftigt und lachten ausgelassen.

Als Mia mich erblickte, verfinsterte sich jedoch ihre Miene.

Sofort schossen wieder 1000 Gedanken durch meinen Kopf und mein schlechtes Gewissen plagte mich.

Die Blonde sah mich abwertend an und meinte dann angewidert, „Die lassen hier auch jeden Pöbel rein, ich sollte mal mit der Leitung sprechen.

Wir sind schließlich ein anständiges Theater“, rempelte mich absichtlich an, so dass ich stolperte und mit dem Arm am Türrahmen anstieß.

Während ich meinen schmerzenden Arm rieb, der später bestimmt blitzblau werden würde, hörte ich die Frauen garstig lachen und weiter fies über mich reden.

So schnell ich konnte, verschwand ich wieder zu Tom und versuchte mir einen Reim daraus zu machen, wieso sie mich so behandelte.

Ich musste mit Bastian reden.

Heute.

Sofort.

Ich brauchte Klarheit und musste den Mist wieder in Ordnung bringen.

Doch noch ehe ich Tom oder Basti suchen konnte, stand Kai vor mir und zog mich in seine Arme.

„Hallo Prinzessin, wo warst Du denn die letzten Wochen?“

´Kai.´ mein Herz hüpfte mehr als mir lieb war und ich spürte, wie es zu rasen begann.

Er küsste mich zärtlich auf die Stirn. „Komm, Du sitzt neben mir und Tom“ und noch eh ich etwas erwidern konnte, zog er mich mit sich nach draußen.

 

Die Band stand schon bereit und war startklar zum Spielen. Die Zuschauerplätze waren alle besetzt.

Kai und ich drängelten uns durch die Reihen und fanden neben Tom Platz, der erneut meinen Rücken streichelte.

„Alles gut?“

„Nicht wirklich“, sagte ich und wollte es ihm kurz erklären, doch da fing auch schon die Band an zu spielen.

Lukas hatte sich mit ein paar anderen Jungs aus der lokalen Szene zusammen getan und ein Kollektiv gegründet.

Sie spielten lauten, tanzbaren Pop und machten richtig Laune.

So vergaß ich wenigstens für die nächsten 45 Minuten meine Sorgen und Ängste.

Wir drei hatten mega viel Spaß und wenn Tom mich nicht aufmunternd angrinste, fasste Kai verstohlen nach meiner Hand, nur um sie kurz zu drücken oder sanft über meinen Handrücken zu streicheln.

Da seine Frau augenscheinlich nicht vor Ort war, ließ ich es geschehen und lächelte ihm zu.

 

 

Kurz bevor das Theaterstück losging, holte uns Kai Getränke.

Mia und ihre Freundinnen waren mittlerweile auch angekommen.

Sie hatten sich zwar das Konzert nicht angesehen, aber Mia musste nun zusammen mit Basti auf die Bühne und spielen.

Herzlich verabschiedete sie sich von der Weiberschar und schaute mich erneut giftig an, während sie mir irgendwas zu zischte, was ich nicht verstand.

Tom starrte sie mit großen Augen an und plötzlich stand Basti neben ihr.

Das Gesicht der Blonden färbte sich puterrot.

Hätte ich auch nur den kleinsten Hoffnungsschimmer gehabt, dass Basti  mich verteidigen würde, so wurde dieser gerade hart gegen eine Betonwand gefahren und mit Zement erstickt.

Basti schaute mich an, wie mir schien super provozierend, umschlang dann ihre Hüften und zog sie zärtlich zu sich.

„Du bist heute mal wieder die wunderschönste Frau, die anwesend ist“, säuselte er ihr ins Ohr und küsste sie dann leidenschaftlich.

Deutlicher hätte er nicht mitteilen können, was er von mir hielt und erneut stiegen heiße Tränen auf.

Die zwei verschwanden auf die Bühne und Kai kam mit den Getränken zurück.

Tom saß noch immer sprachlos neben mir und starrte den beiden hinterher.

„Kai, würde es Dir was ausmachen, wenn wir uns das Stück nicht ansehen?“

Der Drummer sah mich verdutzt an, doch stimmte sofort zu.

Ich entschuldigte mich vielmals bei Tom und verließ dann mit Kai die Zuschauerplätze.



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