Groupie Girl, Teil 21



Teil 21: Vertrauensbruch

2 Wochen nach diesem Vorfall hatte sich Nicole Zeit genommen, um mich zu besuchen.

Wir tranken Kaffee und ich erzählte ihr von den Ereignissen des Abends.

Dann und wann nickte sie mitleidig und verstand nun mein Verhalten.

Aber irgendetwas an ihrem Verhalten war merkwürdig.

Die liebevolle Art, wie sie mich sonst aufgemuntert hatte, wenn es beispielsweise um meine Kinder ging oder ich am Boden zerstört war, wenn ich mal nicht zu einem Konzert konnte, war verschwunden.

Ich interpretierte aber nicht zu viel hinein, denn unsere Freundschaft war schon länger nicht mehr so wie zu Anfang.

Ich schloss daraus, dass sie mittlerweile einfach zu sehr auf sich selbst bezogen war und es ihr sowieso, gerade in diesem Fall, gegen den Strich ging – hielt sie mich ja doch nur für ein kleines Groupie. 

 

 

Ich wollte weiter machen wie bisher und versuchen, Basti gegenüber so normal wie möglich zu sein, alleine wollte ich ihm aber nicht begegnen oder gar mit ihm reden.

Die „La Bambas“ spielten im Spätherbst nochmal ein Open-Air Konzert und ich wollte, dass Nicole mich begleitet.

Da Basti ja nun vergeben war, sah ich keinen Grund mehr, mich herzurichten oder überhaupt was für mich zu tun. 

Ich stopfte wahllos Essen in mich rein, duschte mich auch vor Konzerten nicht nochmal extra … Für was auch? 

An diesem Abend stieg ich in Jeans und T-Shirt – und erhielt dafür direkt eine Rüge von Nicole – was mir aber ziemlich am Arsch vorbei ging.

„Wenn es Dir peinlich ist, so mit mir gesehen zu werden, bleib halt zuhause“, hatte ich sie angepampt und dann waren wir nach Roth gefahren - eine Ortschaft nicht weit von Nürnberg entfernt, wo Basti heute mit seiner Band bei einem Stadtfest auftreten würde.

Als wir ankamen, grüßte mich Carlos von der Bühne aus und Nico, der ebenfalls Sänger der „La Bambas“ war, winkte mir freudig.

Ich setzte mich mit Nicole auf eine der Bierbänke und wartete ungeduldig, während ich Basti übertrieben auffällig ignorierte.

Es wollte nicht wirklich Stimmung aufkommen.

Also schoss ich schnell ein paar Bilder, filmte einen der ruhigeren Songs mit und summte diesmal nur leise mit, anstatt mitzusingen.

Nicole fand die Band relativ doof, weshalb sie mich kurz darauf alleine sitzen ließ und sich bei den zahlreichen Fressbuden und Fahrgeschäften vergnügen wollte.

Sollte sie doch, mir auch egal.

 

Da die Rother keine Stimmung machten, gab es heute keine Zugabe.

Die Band sah etwas betreten aus, als sie von der Bühne gingen.

Nici war noch immer nicht zurück, deshalb wollte ich heute kurz mit Thorsten reden.

Thorsten war ebenfalls Schauspieler in dem Theater, in dem Basti arbeitete. Ich hatte 3 Wochen zuvor ein Stück mit meinen Kindern angesehen, in denen er die Hauptrolle spielte.

Er war großartig gewesen.

Vielleicht noch kurz der Band sagen, wie sehr ich ihre Musik schätzte – ich hoffte, das würde sie aufheitern.

Als ich mich gerade auf den Weg machte, stürmte Nici an mir vorbei und geradewegs auf Basti zu, der sie mit hochgezogener Augenbraue anstarrte.

Ich folgte ihr, da mich ihr Verhalten wunderte und ich neugierig war, was sie vor hatte und kam neben ihr zum Stehen.

„Hey Basti, ich hab gehört Du hast `ne Freundin.“

Basti strahlte dasselbe Strahlen, was er in Köln gehabt hatte.

Ich hätte im Dreieck kotzen können.

„Ja, ich bin vergeben.“

„Ja, aber…“, führte Nici weiter aus, „ich dachte, Du bist in Michelle verliebt… So wie es zwischen euch immer knistert.“

Ich starrte sie mit offenem Mund an. Basti ebenso.

Dann huschte sein Blick verstört zu mir.

„Naja, auf jeden Fall: Herzlichen Glückwunsch, aber…“ Ihr Redefall war kaum zu stoppen, „ich dachte echt, da geht was zwischen Dir und Michelle, weil ja Michelle auch in Dich verliebt ist. Die kommt ja nur zu all den Konzerten wegen Dir, damit sie Dich ansabbern kann.“

Und als wäre diese Situation nicht schon schlimm genug, untermalte sie das Gesagte auch noch, indem sie den Mund aufriss, mit dem Zeigefinger vom Mundwinkel nach unten zog, um einen „Sabberfaden“ zu demonstrieren.

Ich starrte fassungslos von Basti zu Nicole und zurück.

Bastis Blick lag nun schockiert auf mir und Nici stand da und brüstete sich, als hätte sie eben im Alleingang die EM im Fußball gewonnen.

In meinem Kopf raste es.

„Erm, ja, also… ich wollte noch kurz mit Thorsten reden“, das war das Beste was mir einfiel und ich wandte mich ab.

„Ja, ich… Ich geh mir mal `n Bier holen“, sagte Basti, senkte den Kopf und rannte geradewegs an uns vorbei.

Ich redete kurz mit Thorsten, der sich über mein Lob freute, drehte mich um und rannte vom Dorfplatz.

Noch nie im Leben war ich so gedemütigt worden.

 

„Michelle… Mich, warte doch.“ Nicole rannte hinter mir her und ihr Ton klang klagend.

„Hallooo? Du kannst mich doch nicht einfach stehen lassen!“

Doch, genau das tat ich und beschleunigte meine Schritte sogar noch.

Wir waren zwar mit dem Auto hergekommen, aber sollte diese dumme Kuh doch alleine heimfahren.

Ich war erniedrigt, beschämt und hätte sie am liebsten umgebracht.

„Mich, mein Auto steht am anderen Ende. Du läufst total falsch.“

Wir waren schon ein ganzes Stück vom Dorfplatz entfernt, um uns herum kaum noch Menschen, deshalb blieb ich wütend stehen, stemmte meine Hände in die Hüften und funkelte sie zornig an.

„Was bildest Du kleines Stück Scheisse Dir eigentlich ein?“

Nici blinzelte und verstand gar nicht, was mein Problem war.

„Echt jetzt? Ich komm auf Konzerte, NUR um IHN anzusabbern? Echt, Nicole?“ Ich war so wütend, dass Speichelfäden aus meinem Mund flogen.

„Aber, Mich, Elle… Ich dachte….“

„Du dachtest was genau?“ Ich war außer mir. „… dass er freudestrahlend seine Freundin verlässt und mich heiratet?“

„Wäre doch `ne Möglichkeit gewesen.“

Hörte sich diese Frau eigentlich selbst beim Reden zu? 

Ich konnte nicht mehr an mich halten und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige.

Es knallte und augenblicklich wurde ihre Wange Tomatenrot.

„Ich wünschte, Du wärst tot“, giftete ich sie an und drehte mich um.

Ich hielt kurz inne, drehte mich nochmal um. „Oh, und nenn mich nie wieder Mich oder Elle! So dürfen mich nur Menschen nennen, an denen mir etwas liegt oder die meine FREUNDE sind!“

Wütend rannte ich zum Bahnhof und fuhr alleine nach Hause.

Das war das letzte Mal, dass ich Nicole gesehen hatte.

Unsere Freundschaft war mit dieser Aktion gestorben und Geschichte.

 




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