Groupie Girl, Teil 20



Teil 20: Schmerzende Wahrheit

Während der folgenden Monate bemerkte ich diverse Veränderungen an Basti.

Er lief nicht mehr so schmuddelig rum, wie sonst immer.

Er ging regelmäßig zum Friseur, stutzte seinen Bart und trug ständig nagelneue, schicke Klamotten und er strahlte mit der Sonne um die Wette.

In meinem Kopf zog eine Gewitterwolke auf. Mein Magen zog sich krampfhaft zusammen. 

Hatte er eine Beziehung? 

Ich wusste von ihm selbst, dass er zum Zeitpunkt unseres Kennen Lernens schon lange Single gewesen war und das hatte sich in den letzten vier Jahren auch nicht geändert gehabt.

Es war das Frühjahr 2018 und ich hatte gerade einen vier-tägigen Konzert-Marathon hinter mir. 

Vor einer halben Stunde war ich aus München zurückgekommen und war gerade aus der Dusche gestiegen, als Nicole bei mir klingelte, um mich abzuholen.

Wir müssten gleich weiter, da die „Dingoes“ abends in Köln spielen würden.

Ich öffnete ihr und zog mich schnell an.

Meine Haare konnten im Auto trocknen, Make-up konnte ich ebenso im Auto auflegen.

Ich packte noch schnell meine Handtasche und rannte dann schnurstracks die Treppen nach unten. 

 

Köln war herrlich.

Das zweite Mal in 5 Tagen, dass ich hier war und es gefiel mir außerordentlich gut.

Wir parkten um die Ecke der location und schminkten uns.

Ich verteilte etwas Haargel in meiner Kurzhaarfrisur und wuschelte sie durch, noch etwas Haarspray – perfekt.

Da es schon eine halbe Stunde vor Konzert war, hasteten wir zum Einlass und zahlten den Eintritt.

Ich war so nervös, dass ich mal wieder total unnötig eine Toilette brauchte.

Stolpernd an der Bühne vorbei, Kellertreppe nach unten und direkt in Bastis Arme.

„Hoppla, nicht so schnell, junge Dame“, sagte er, während er meinen Aufprall abbremste. 

Ich schaute verwirrt nach oben. „Basti?“

„Hi, Michelle!“ Er strahlte mich an und drückte mich an sich.

„Ihr habt noch Zeit, wir spielen etwa `ne halbe Stunde später als angegeben.“

„Gut zu wissen“, ich strich mir nervös die Haare aus der Stirn und starrte ihn an.

Ich weiß nicht, wieso ich es tat. Vielleicht wollte ich einfach Gewissheit haben oder hoffte, ich würde mich irren.

„Sag mal… sorry, falls ich Dir zu nahe trete, aber… kann es sein, dass Du wieder eine Beziehung hast?“

Basti riss erstaunt die Augen auf. „Ja? Woher weißt Du das?“

Mein Herz blieb stehen.

Mein Mund wurde trocken.

Ich fühlte, wie mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.

Ich unterdrückte die aufsteigenden Tränen und versteckte meine zitternden Hände.

„Du strahlst seit Neuestem so. Du warst beim Friseur und Du“, ich deutete auf ihn, „hast augenscheinlich neue Klamotten.“

Ich wollte nicht weiter reden. Ich wollte raus rennen.

Raus zum Auto, einsteigen und heimfahren.

Heute verfluchte ich, dass ich nie selbst den Führerschein gemacht hatte. 

Ich wollte schreien. 

Mir die Seele aus dem Leib heulen und sterben!

Aber Basti erzählte mir in allen Einzelheiten wie er seine Freundin Mia kennen gelernt hatte und wie verliebt sie waren.

Dass sie erst kürzlich einen gemeinsamen, romantischen Urlaub in Österreich verbracht hatten.

Mein Magen wurde schwer und ich verfluchte sie, doch vor ihm heuchelte ich Überraschung und Freude.

Ich gratulierte zu diesem wundervollen Ereignis und streichelte ihm freundschaftlich über den Arm.

„Ich freu mich wirklich sehr für Dich.“

Sascha erlöste mich aus dieser Situation, in dem er Basti zum Soundcheck rief.

Wir verabschiedeten uns und ich rannte so schnell ich konnte auf die Toilette.

Ich riss die Tür auf, stürzte in die Kabine und schloss sie hinter mir.

Dann brach ich in Tränen aus.

Schlimmer als je zuvor in meinem Leben. 

 

Dieses Konzert war das Traurigste meines Lebens.

Anders als sonst, stellte ich mich an diesem Abend in die letzte Reihe, damit Basti meine verquollenen Augen nicht sehen konnte.

Auf Nicole reagierte ich gar nicht.

Ich war in einem Schockzustand und war gerade so in der Lage gewesen, mich nachzuschminken und wieder nach oben zu gehen.

Nachdem die Band das letzte Lied nach der Zugabe gespielt hatte, bat ich Nicole um den Autoschlüssel und sagte ihr, ich würde dort auf sie warten.

Sie könne sich Zeit lassen.

Wieder im Auto angekommen, heulte ich mir erneut die Augen aus.

Plötzlich krampfte sich mein Herz zusammen und ich bekam keine Luft mehr.

Ich hatte Panik und japste nach Luft.

Nici öffnete eine Weile später die Fahrertür und sah mich panisch an. „Scheisse, Michelle, was ist denn los?“

Ich japste weiter, während die Tränen stetig weiter flossen.

„Michelle? Scheisse, hol Luft. Atme.“

Die Brünette setzte sich hinters Lenkrad, beugte sich zu mir und schüttelte mich.

Doch meine Panikattacke wollte nicht aufhören, sie wurde nur noch schlimmer.

„Scheisse, Michelle. Atme. ATME!!!“ Eine feste Ohrfeige holte mich halbwegs aus diesem Zustand.

Ich schaute sie verstört an und japste nochmal. Dann schloss ich meine Augen, zählte innerlich bis 10 und versuchte, tief durch zu atmen.

„So ist gut, eeeeiiiinatmen und laaangsam wieder aus. Gut.“

Nicole strich mir über den Kopf und drückte mich an sich.

Ich erzählte ihr an dem Abend nicht, wieso ich eine Panikattacke gehabt hatte.

Dafür hatten wir uns zu sehr auseinander gelebt und es fühlte sich einfach nicht richtig an.

Ich schlief auf dem Nachhauseweg etwas, verabschiedete mich vor meiner Haustür kurz angebunden von ihr und verschwand dann in meine Wohnung.

Eine komplette Woche lang wiederholten sich die Panikattacken und Weinkrämpfe und es fühlte sich an, als wäre ich innerlich gestorben…

 



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