Love me for a Season, Teil 3


 





„Blamage Deluxe - Marie Edition“
Die nächsten Tage quälte ich mich durch mein „nicht so recht in Schwung kommendes“ Leben.
Die Hitze war beinahe unerträglich und nicht nur mein eh schon lädiertes Äußeres litt darunter.
Nun kamen auch noch extreme Müdigkeit und Lustlosigkeit dazu und meine zwei Süßen spielten total verrückt.
Unser Geld war noch nicht da und Handyempfang konnten wir hier draußen auch keinen bekommen. Es war zum verrückt werden.
Okay, ich geb zu, meine Sehnsucht nach Jaden machte es so unerträglich, aber das wollte ich mir nicht eingestehen.

Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich an ihn dachte.
Ertappte mich, wie ich zum Fenster rannte um nachzusehen, ob er vielleicht da war, um zu renovieren und nebenbei natürlich: der obligatorische Blick in den Spiegel.
Als ob sich mein Äußeres allein durch Blicke verändern würde.

Ich war eigentlich nicht hässlich. Ich fühlte mich nur unwohl und die zwei Schwangerschaften hatten ihr Übriges dazu getan, mein eh schon geschundenes Selbstwertgefühl komplett zunichte zu machen.
Bei 1,71 Meter Größe wog ich 90 Kilo und wenn ich mir andere Frauen betrachtete, hatte ich noch Glück gehabt, denn bei mir proportionierte es sich außerordentlich gut.
Die Rundungen hatte ich an den richtigen Stellen.
Ich hatte einen schmalen Oberkörper und, wenn man mein Gewicht bedachte, zu wenig Oberweite. Außerdem ein gut gebautes Becken und das Einzige, was mich wirklich störte, waren meine Oberschenkel und mein Hintern, die wahnsinnige Ausmaße angenommen hatten, seit Samuels Geburt!
Aber egal wie sehr ich versuchte, mir selbst einzureden, was für eine tolle Frau ich sei, dass das Gewicht schon wieder weggehen würde, ich schließlich auch noch andere Vorzüge hatte und nicht auf mein Gewicht reduziert werden müsse, es wollte mir nicht gelingen.

Damals, als ich Simon kennen gelernt hatte, hatte er mir angedroht, er würde mich verlassen, würde ich je mehr als 90 Kilo wiegen und jetzt, da ich es tatsächlich tat, war er noch immer bei mir. Das zeigte mir doch, dass er mich trotz der Probleme, die wir hatten, noch liebte; dass er mich aufrichtig liebte… oder etwa nicht?
Ich war mir schon lange nicht mehr sicher, ob mein Schatz mich überhaupt je geliebt hatte, aber irgendetwas musste es ja sein, was ihn bei mir bleiben ließ…
… doch im Moment war ich dazu viel zu blind.
Ich machte mir nicht mal die Mühe über uns nachzudenken, denn der Platz, der seit Jahren Simon gehörte, wurde von Tag zu Tag mehr von einem Mann verdrängt, der mir wahrscheinlich eh nie gehören würde…

Mit absoluten Sinnlosigkeiten vertrieb ich mir die Tage, versuchte zu verdrängen, bis Simon eines Morgens nach dem Frühstück meinte „Schnecke, ich bin dann mal beim Kingsley, okay? Kann später werden, also nicht böse sein!“
´Kingsley?´ Mein Atem stockte.
Ich nickte kurz und hatte natürlich Verständnis dafür, dass mein Schatz abkömmlich sein würde; eine Sache die bei mir keine Selbstverständlichkeit war. Umso mehr wunderte es mich, dass es Simon nicht spanisch vorkam, dass ich nichts dagegen sagte und Radau machte.
Jedoch war ich froh, dass er nicht misstrauisch wurde und im Nachhinein betrachtet schäme ich mich heute dafür, wie wahnsinnig naiv er mir gegenüber doch war.
Wie grenzenlos sein Vertrauen in mich…

Wie dem auch sei, ich hibbelte an diesem Tag wie eine Gestörte durch die Wohnung.
In dem einen Moment spielte ich mit meinen Süßen, im nächsten Moment spülte ich Geschirr, nur um dies wieder liegen zu lassen, um ins Bad zu rennen und meine Frisur zu checken.
Ich benahm mich schlimmer als ein Teenager und kam mir selbst bald reichlich idiotisch vor. Schließlich würde mich Jaden heute auf keinen Fall sehen.
Lieber würde ich mir ein Bein ausreißen, als zu ihm runter zu gehen. Ich hatte ja nicht mal einen vernünftigen Grund dazu oder wusste was ich sagen sollte.
´Aber vielleicht wollen die zwei einen Kaffee? ´ Und noch ehe ich zu Ende überlegt hatte, schloss Simon auch schon die Tür auf und stürmte in die Küche.
Er erklärte mir kurz, dass er schnell einen Kaffee für sich und Jaden machen wolle; der Nachbar gegenüber schaue auch gleich vorbei, und dann war er auch schon wieder weg.
Mein Herz pochte wie wild.
Und ich war neidisch.
Mein geliebter Schatz konnte den ganzen Tag bei meinem heimlich Angebeteten verbringen, während ich hier oben rum saß und sehnsüchtig an ihn dachte.
Kurz entschlossen marschierte ich ins Bad, überprüfte ob mein Makeup noch richtig saß und schnappte mir dann meine Zwerge, um nach draußen zu gehen.
Während die zwei nun draußen rumtollten, befreite ich unsere Grünflächen von Unkraut und ging dann schließlich in den Keller, um mir den Besen zu schnappen.
Das Grundstück war ewig nicht gereinigt worden und alles lag voller Blätter, Blütenstaub und Moos. Ich wollte hier, zumindest so gut es ging, etwas Ordnung reinbringen und außerdem kamen so auch meine Kleinen zu ihrem Spaß und ich zu etwas Ablenkung.
Als ich fast fertig war, stieg mit wieder einmal der Duft von Duschgel und Aftershave in die Nase und ich schmolz dahin.
Hektisch kehrte ich den Unrat zusammen, schnappte mir Grace und lief runter zu unserer Mülltonne.
Als ich gerade den Deckel der Tonne öffnete, blieb mir fast das Herz stehen.
Jaden kam die Treppe herunter, Grace begrüßte ihn freudig und er erwiderte dies, während er mir zuwinkte und ein „Hallo“ zuwarf.
Dann steckte er sich lässig eine Kippe zwischen seine vollen Lippen, kramte in seiner Hosentasche nach den Autoschlüsseln und stieg, mega cool wie ich fand, in seinen Wagen.
Als er losfuhr, winkte er mir noch einmal zu und dann war er auch schon wieder weg.

Euphorisch und dümmlich grinsend stieg ich die Treppen hinauf und wollte Simon ausfragen wie der Tag gelaufen war, doch mein Liebster war nicht, wie vermutet, in der Wohnung.
Also packte ich meine Kinder unter die Dusche und begann das Abendessen zu kochen.
Gerade als ich fertig war, kam Simon zur Tür herein und nahm Platz.
„Entschuldige, dass es so lang gedauert hat, Schnecke. ABER ich habe gute Neuigkeiten?“
„Gute Neuigkeiten? Und die wären?“ fragte ich, als mir Simon auch schon ein paar Schlüssel entgegenstreckte.
„Unser Vermieter war eben da. Die Ermittlungen wegen dem Tod unseres Vormieters sind abgeschlossen, wir können endlich drüben rein!“.
„Woohooo!“
Na endlich.
Als wir hier eingezogen waren, hatte es geheißen, wir würden die Dachgeschosswohnung, die jetzt im Sommer unerträglich heiß war und zudem total ungünstig geschnitten, für ein Paar mit zwei Kindern, nur 3 Wochen nutzen müssen und dann könnten wir umziehen.
Mittlerweile waren diese 3 Wochen schon vorbei und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass ich endlich richtig einziehen, Möbel aufbauen und meine Kartons auspacken konnte.
Jetzt war es endlich soweit und ich hibbelte auf meinem Stuhl hin und her.
„Du wirst nicht mehr so begeistert sein, wenn Du die Wohnung siehst“, sagte Simon ernst und guckte mich beinahe schuldbewusst an.
„Wieso das denn?“
„Wirst schon sehen“, sagte mein Schatz und schob sich ein Riesenstück Fleisch in den Mund.
Dann strahlte er plötzlich und fügte an: „Ach ja, wir haben ab morgen wieder Internet!“
Dann erzählte er mir kurz, dass unser Nachbar vom Nebenhaus ihm angeboten hatte, sein Internet per W-Lan mit benutzen zu dürfen und dass er ihm nur noch die Erlaubnis auf dem Router erteilen müsse, sobald wir über unsere PCs seinen Anschluss gefunden hätten.
„Prima!“ sagte ich und freute mich schon sehr darauf, endlich wieder mit meiner Annie schreiben und Twitter unsicher machen zu können.
Jaden war für diesen Abend ganz vergessen und das war auch gut so.
Liebevoll brachte ich meine Zwerge ins Bett, schaute mit Simon noch einen Film und als wir sicher waren, dass die Kleinen schliefen, schlichen wir uns so leise wie möglich aus unserer Wohnung, um unsere „richtige“ Wohnung zu besichtigen.

Ich war gespannt wie sonst was und umso größer war die Enttäuschung, als Simon das provisorische Licht einschaltete und ich mir den ersten Überblick verschafft hatte.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?“
Ich hätte heulen können. Simon hatte mir zwar erzählt, dass Herr Yilmaz, unser Vermieter, von uns verlangte - da wir die Hausmeister waren - dass wir selbst die Wohnung räumen und renovieren, aber das war, wie ich nun erkannte, eine reine Zumutung.
Ich hatte erwartet, Schränke zu räumen und Möbel auseinander nehmen zu müssen, dass wir es eventuell mit einer Messi-Wohnung zu tun hatten und über jede Menge Müll steigen müssten, aber das überstieg all meine Erwartungen.
Die Wohnung war keine Wohnung mehr.
Unser Vormieter, der anscheinend im Flur gestürzt und dort seinen Verletzungen erlegen sein musste - jedenfalls wenn ich mir die fette Blutlache mitten im Flur ansah - hatte aus der Wohnung eine Art Werkstatt gemacht.
Überall standen Gerätschaften rum. Selbst in seinem mickrig kleinen Schlafzimmer, in dem er notdürftig ein Bett aufgestellt hatte, stand alles voll mit irgendwelchen Erfindungen, die er produziert hatte.
Die Küche als solche gab es auch nicht mehr und im Bad hatte er notdürftig Regale angebracht, wo einige Kochutensilien drauf standen.
Alles in allem war die Wohnung eine riesige Werkstatt, mit jeder Menge an Kleinteilen und hinten, wo unser Schlafzimmer entstehen sollte, hatte er sich ein Büro eingerichtet.
Dieses schien mir persönlich, für seine Verhältnisse zu klein gewesen zu sein, da die Unmengen an Papierkram, die er angesammelt hatte, sich bereits meterhoch im Korridor stapelten.
Das sollen wir ausräumen?“ Ich konnte es nicht fassen.
„3 Wochen hieß es, Simon. 3 Wochen!“
Simon nahm mich zärtlich in den Arm. „Ich weiß, Schnecke, ich sagte Dir ja bereits, dass Dir das nicht gefallen wird.“
‚Nicht gefallen’ war noch milde ausgedrückt. Ich wusste nicht, ob ich losheulen oder einen gewaltigen Schreikrampf kriegen sollte.
„Und das Blut? Was ist mit der Riesenmenge an Blut hier am Boden?“ Ich zeigte auf die vermeintliche Todesstelle des Vormieters und schluckte hart.
„Tja, Herr Yilmaz behauptet, Herr Seidel sei im Krankenhaus gestorben.“
Ich lief zu der Stelle, zog mir einen Handschuh über und hob das Handtuch an, das unser Vormieter darüber geworfen hatte.
Ein widerlicher Geruch von Moder, altem Blut und Verwesung schlug mir entgegen.
„So ein mieses Arschloch!“ Es sprudelte aus mir heraus und ich konnte mich nicht mehr zügeln.
„Hier sollen MEINE Kinder leben? In ner Wohnung, wo einer krepiert ist und dessen Blut im ganzen Flur und in der Küche“ - ich zeigte auf den Raum, der mal eine Küche gewesen war und die jetzt voller mechanischer Gerätschaften stand - „verteilt ist? Ich bitte Dich, Simon! Das ist mehr als ne Zumutung. Und dafür haben wir 2 Mieten Kaution gezahlt?“
Eine Träne kullerte mir über die Wangen.
Heftig schüttelte ich den Kopf und lief bockig an Simon vorbei.
„Nichts tu ich. Gar nichts. Ich bezahl das Arschloch, der soll diese scheiss Müllhalde hier selbst ausräumen. Wer bin ich denn? Scheiss Kanake, elendiger!“
Wütend rannte ich aus dem Haus und lief zurück in unsere Dachgeschosswohnung. Mir war egal, dass Simon mal wieder angenervt von meinem Ausbruch war.
Ich hatte Kinder und somit Verantwortung. War es nicht selbstverständlich, dass ich wütend war?
Immer noch sauer putzte ich meine Zähne und legte mich dann zum schlafen auf die Couch.

Als ich am nächsten Morgen um 9 aufwachte, da mein Sammy vor der Couch stand, mir das Gesicht streichelte, nur um sich dann kuschelnd neben mich zu legen, war all mein Ärger schon wieder verblasst und es tat mir auch unendlich leid, dass ich meinen Vermieter, der ja wirklich großzügig mit uns gewesen war, indem er uns diese Wohnung hier überlassen hatte, einen „Kanake“ geschimpft hatte.
Zärtlich gab ich meinem Engelchen einen Kuss auf die Stirn und bemerkte dann, dass Simon gar nicht da war.
Grace kam zur Tür rein, wünschte mir einen Guten Morgen und legte sich dann zu mir und ihrem Bruder.
„Sag mal, bist Du schon lang wach?“ fragte ich meine Große.
„Jap, Papa hat uns den Fernseher angemacht, damit Du noch ein bisschen schlafen kannst.“
„Aha.“ Ich nickte und konnte mir schon denken wo Simon war.
Etwa eine halbe Stunde kuschelte ich noch mit meinen Kindern, dann stand ich auf, machte mir einen Kaffee und bereitete das Frühstück für meine Zwerge vor.

Bestimmt war Simon sauer und ich wollte es wieder gutmachen. Zudem war ich so versessen darauf, meinen Nachbar wieder zu sehen, dass ich überlegte, wie ich das anstellen sollte.
Während Grace und Samuel aßen, ging ich ins Bad und machte mich halbwegs zurecht.
Mal wieder war Waschtag und somit hatte ich nur noch meine rosafarbene Pyjamahose zum anziehen und einen schrecklich schlabberigen Pulli, den ich während der Schwangerschaft mit Sam immer getragen hatte.
Ich seufzte und packte die erste Ladung Wäsche in die Maschine, ging dann in die Küche und bereitete zwei Kaffee vor.
Einmal mit drei Zucker und Milch für Simon, einmal nur Milch für meinen ‚Mr. Sexy´.
Ja, ich war stolz, dass ich mir so schnell gemerkt hatte, wie Jaden seinen Kaffee mochte. Das imponierte ihm bestimmt, dachte ich und fragte meine Tochter, ob es ihr was ausmachen würde, 5 Minuten auf ihren Bruder aufzupassen.
Grace war schließlich schon 7. Ich war mir sicher, dass sie das hinbekommen würde, solang ich nach unten lief um den arbeitenden Männern ihren Kaffee zu bringen.
Sie nickte eifrig und ich sah ihr an wie glücklich sie war, dass ich ihr diese „schwere“ Aufgabe anvertraute.
Freudestrahlend öffnete sie mir die Türe, damit ich die beiden Kaffeetassen nicht erst abstellen musste und schloss sie dann sorgsam hinter mir wieder zu.

Was hatte ich mir nur dabei gedacht?
Als ich gerade vor der Wohnungstür meiner englischen Nachbarn angekommen war, klopfte mein Herz bereits so wild, dass ich vermutete, dass es die gesamte Nachbarschaft hören musste. Und als ich dann die wenigen Stufen weiter herunterging und fast vor Jadens Wohnungstür stand, versagten mir auch noch meine Knie, die sich nun wie Pudding anfühlten.
Vorsichtig stellte ich beide Tassen auf der Flurtreppe ab und klingelte zaghaft an Mr. Kingsleys Türe. Als ich Schritte in seinem Flur hörte und mich bückte, um die Tassen wieder aufzunehmen, stellte ich beunruhigt fest, dass nun auch noch meine Hände zitterten wie Espenlaub.
`Reiss Dich zusammen, Marie. Reiss Dich verdammt noch mal zusammen´, schalt ich mich selbst, doch dann war es auch schon zu spät.
Die Tür wurde geöffnet und er stand vor mir.
Ich hätte fluchen können. Warum er? Simon war doch bei ihm, wieso hatte er nicht geöffnet?
Dass Jaden öffnen würde, wäre wohl jedem in dem Moment klar gewesen, aber so aufgeregt wie ich war, war es das Unlogischste auf der ganzen Welt für mich.

Jaden sah mich mit seinen braunen Augen verwundert an.
Etwas zu hektisch reichte ich ihm seine Kaffeetasse und stotterte was von „Hab gedacht ich mach euch… bring euch nen Kaffee!“
Jaden nahm die Tasse entgegen, strahlte übers ganze Gesicht und dankte mir herzlich für den tollen Service.
Ich stand da, starrte ihn belämmert an und zitterte noch immer wie Espenlaub.
Aus dem Augenwinkel nahm ich Simon wahr, der jetzt aber ganz nebensächlich gewesen WÄRE, hätte mein Schatz nicht auch meine Nervosität bemerkt.
Lachend kam er auf mich zu, schnappte sich seine Tasse, drückte mir einen Kuss auf den Mund und meinte, „Sag mal, was zitterst denn so? Hast Angst vor unserem Polizist, oder was?“
… In dem Moment hätte ich nichts lieber getan, als auf der Stelle tot umzufallen, aber bedauerlicherweise tat mir mein Körper diesen Gefallen nicht.
Nein, ich blieb weiter zitternd stehen und starrte nun von Jaden zu Simon und zurück.
Mein Gehirn raste.
Was für eine Ausrede konnte ich mir einfallen lassen, um nicht wie der total Idiot da zu stehen?
Was sollte ich nur sagen?
Tja und dann sprudelte etwas aus mir heraus, was das Ganze nur noch toppte: „Ach, die Nervsäcke machen mal wieder Krawall!“
An Peinlichkeit war ich an diesem Tag kaum zu überbieten.
Nervsäcke!!!! Ich hatte meine geliebten Kinder gerade nicht nur als Ausrede benutzt. NEIN. Ich hatte mich auch noch als total labile, überforderte Hausfrau dargestellt, die ihre geliebten Kinder rüde als ‚Nervsäcke’ titulierte.
Jaden runzelte die Stirn und bat mich schließlich einzutreten. Danach fragte er Simon vorsichtig, ob die Zwerge damit gemeint waren.
´Wie süß´ , dachte ich mir.
Mein heimlich verehrter Nachbar titulierte meine Schätzchen auch als Zwerge, genauso wie ich das immer tat…
Das änderte jedoch nichts daran, dass er mich jetzt für die schrecklichste Person auf der ganzen Welt halten musste, schließlich wusste ich von Simon, dass auch er Kinder haben musste.
Wie viele und wie alt wusste ich nicht, aber er war Vater.
Und Polizist.
Und er arbeitete als Polizist mit Schulkindern zusammen. Ein Projekt gegen Gewalt, soweit hatte ich bereits erfahren.
Was musste er nur von mir denken? Würde er als nächstes zum Jugendamt rennen und denen erzählen, ich sei total überfordert und unfähig?
Mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen.
Doch auch wenn dem so war, ließ sich Jaden nichts anmerken.
Bereitwillig und ohne dass ich vorher fragte, zeigte er mir die ganze Wohnung, die ich ja bereits vor ein paar Tagen besichtigt hatte, als unser Vermieter uns die Aufgabe erteilt hatte, täglich zu lüften. Erklärte mir, was sie schon alles getan hatten und was noch anstehen würde.
Simon stand derweil auf dem Balkon und bastelte an irgendetwas herum und nachdem wir mit dem besichtigen fertig waren, gingen wir zusammen auf den Balkon und Jaden bot mir eine Zigarette an.
Schweigend rauchte ich und beobachtete meinen Nachbar heimlich.
Dabei versuchte ich nicht daran zu denken, dass ich scheußlich aussah und schwärmte vor mich hin.

Jaden sah so aus der Nähe noch besser aus.
Er war so groß wie ich, hatte kurze dunkle Haare, braune Augen, ein umwerfend spitzbübisch-charmantes Lächeln und hatte eine klitzekleine Lücke zwischen dem oberen Front- und Eckzahn auf der rechten Seite.
Kleine Fältchen bildeten sich um seine Augen wenn er lachte, was ihn nur noch sympathischer machte und ansonsten war er wahnsinnig gut gebaut, hatte stramme, muskulöse Beine und einen beachtlich knackigen Hintern.
Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass Jaden, wie er so vor mir stand, eine erstaunliche Ähnlichkeit mit meinem Vater hatte, als dieser etwa 17 gewesen war und fragte mich ernsthaft, ob das der wahre Grund dafür war, dass ich Jaden so sehr begehrte.
Nicht dass ich einen Vaterkomplex hätte oder so, aber ich liebte meinen Dad nun mal abgöttisch und war fest davon überzeugt, dass es eh keinen besseren Mann als ihn auf der Welt gab.

Sowohl Simon als auch Jaden bekamen nichts von meinen Tagträumereien mit. Die zwei redeten über irgendwelches Handwerkzeugs, von dem ich eh keine Ahnung hatte, und lachten viel miteinander.
Als ich dann von oben meine Kinder durch die Wohnung toben hörte, sagte ich Simon, dass ich nun mal wieder nach oben gehen müsse, ehe die Kleinen noch die ganze Wohnung auseinander nehmen … guckte dann abschätzend an mir runter und bemerkte auch noch total überflüssig, dass ich zudem dringend ne Dusche und andere Klamotten nötig hätte.
Schließlich verabschiedete ich mich hastig und rannte eilig die Treppen nach oben.

Neben Hausarbeit und Kinder Bespaßung hatte ich den ganzen Tag dann nur noch meinen Polizisten im Kopf. Immer wieder ging ich im Geiste jedes einzelne Grübchen und jede einzelne Falte in seinem Gesicht durch und grinste dümmlich vor mich her.
Als meine Kinder dann abends im Bett waren und Simon mich abholte, um gemeinsam in der Wohnung drüben auszuräumen, bombardierte ich ihn schließlich mit Fragen und hoffte, dass es nicht allzu offensichtlich war, dass ich wahnsinnig auf seinen neu gewonnen Freund stand.
Heute machte mir selbst das Chaos dieser Wohnung nichts aus und gierig saugte ich jedes einzelne Detail, was mir Simon über Jaden verriet, auf.
So erfuhr ich, dass er 35 war. 13 Jahre verheiratet, 3 Kinder und sich gerade frisch von seiner Frau getrennt hatte, da die seine „Eskapaden“, wie es Simon nannte, nicht mehr ertragen hatte.
Jaden schien mir ein ziemlicher Workaholic zu sein, der seine knapp bemessene Freizeit dann lieber mit Bergtouren und Wandern oder irgendwelchen Nebenjobs, die mit seinem Hobby zu tun hatten, gestaltete, anstatt diese mit seiner Familie zu verbringen.
Ich verstand seine Frau zu gut, aber trotzdem gab ich insgeheim ihr die Schuld, dass sie so intolerant war.
Wie hätte ich auch nur einen schlechten Gedanken über meinen Mr. Sexy haben können? Nie im Leben wäre mir dies eingefallen.
Auf jeden Fall war ich tierisch erleichtert, dass dieser Traummann zu haben war und räumte fleißig die Sachen meines Vormieters in Säcke und Kartons.

Es war nicht richtig, dass weiß ich.
Aber irgendwie war ich dermaßen angetörnt, dass ich kurzerhand eins der frischen Bettlaken aus dem Schrank von Herr Seidel packte und es ordentlich auf seinem Bett ausbreitete.
Dann entkleidete ich mich und rief Simon zu mir.
„Was zum Geier hast Du denn vor?“ fragte er mich erstaunt.
Sicher war es mehr als krank sich im Bett eines Toten vögeln zu lassen, aber ich wollte Simon so sehr.
Es war nicht nur, dass ich Jaden heute so nahe gewesen war, es war auch zum Teil deswegen, weil ich mein schlechtes Gewissen erleichtern wollte.
Ich wollte Simon in mir spüren, seinen Körper riechen und ihm ganz nahe sein.
Meine Gewissensbisse, weil ich mich in einen anderen verliebt hatte, erdrückten mich beinahe und ich hoffte, wenn ich erst einmal wieder meinen Liebsten gespürt hatte, würde meine „Spinnerei“ schon von alleine vergehen.

Provozierend legte ich mich aufs Bett, spreizte meine Beine und streichelte aufreizend meine Oberschenkel.
„Nimm mich“, hauchte ich Simon zu und schloss genießerisch die Augen als meine Finger an meiner Scham angekommen waren und diese nun zärtlich streichelten.
Ich hörte den Reißverschluss von Simons Hose, hörte sie zu Boden fallen und seinen Gürtel hart aufschlagen.
Leise Schritte näherten sich mir und dann spürte ich seinen heißen Körper, der sich langsam auf meinen legte, während er liebevoll seine Zunge in meinen Mund gleiten ließ.
 Als ich diese Nacht mit Simon schlief und wir beide gemeinsam zum Höhepunkt kamen, hatte ich Jaden schon wieder vergessen und war mir Hundertprozent sicher, dass dies auch so bleiben würde…





- to be continued -